Interview mit Bündnis Mittendrin Fulda

Maren Ampt: Hallo, ich freue mich sehr, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mit dem AdiNet Mittelhessen ein Interview zu führen. Bitte stellen Sie sich und die Organisation, für die Sie arbeiten, selbst vor.

Urban N‘Dakon: Die Dame hat Vortritt.

Septi Panca Sakti: Okay, danke Urban. Mein Name ist Septi Panca Sakti. Ursprünglich komme ich aus Indonesien. Ich bin vor zwölf Jahren in Deutschland angekommen. Zurzeit arbeite ich an zwei verschiedenen Stellen. Zum einen bin ich als Lokal-Koordinatorin beim Samofa Projekt Fulda zusammen mit Dr. Urban N‘Dakon. An anderer Stelle bin ich dann Mitarbeiterin bei Paritätische Projekte gemeinnützige Gmbh. Vielleicht kennen sie das auch. Seit 2016 bin ich im Bereich Selbsthilfe und Zuwanderung aktiv. Deswegen passt das ganz gut zusammen mit meiner Stelle bei Samofa. Ich bin auch aktiv in verschiedenen indonesischen Vereinen, da fokussiere ich mich auf Bildung, Entwicklung, Empowerment, Frauen und so weiter. Das kurz von mir. Ich bin auch ein bisschen aktiv als Lehrbeauftragte an der Hochschule Fulda.

Urban N‘Dakon: Ja, mein Name ist Urban N’Dakon. Ich arbeite beim Bündnis Mittendrin als Geschäftsführer und als Koordinator für das Projekt Samofa mit der Kollegin zusammen. Wir teilen uns diese Samofa Stelle und dann habe ich eine weitere halbe Stelle, die für die Geschäftsführung gedacht ist. Ich komme ursprünglich aus der Elfenbeinküste, bin schon seit 28 Jahren in Deutschland inzwischen und habe verschiedene Sachen gemacht und bin seit knapp einem Jahr hier beim Bündnis Mittendrin. Es gibt vielleicht noch eine Ergänzung. Ich arbeite auch für ein Projekt, das nennt sich Table for Equality und dieses Projekt ist eigentlich das, wo die andere halbe Stelle angesiedelt ist, die ich als Geschäftsführer bekleide. Das Projekt heißt Table for Equality und wird vom hessischen Sozialministerium und den kommunalen Trägern hier mitfinanziert.

Maren Ampt: Wow, das sind auf jeden Fall einige Einsätze. Wir möchten uns im Interview auf das Bündnis Mittendrin fokussieren. Ansonsten, glaube ich, würde das Interview auch viel zu lange dauern. Deshalb wäre unsere Frage jetzt, was die Ziele der Arbeit von Bündnis Mittendrin sind.

Urban N‘Dakon: Also, zuerst gibt es die Vision. Bündnis Mittendrin möchte dazu beitragen, dass ein Zusammenleben hier in kultureller Vielfalt geschieht, unkomplizierter als bis jetzt. Kulturelle Vielfalt und Teilhabe aller, auch von migrantischen Communities und Menschen. Das ist die Vision. Die Ziele sind das Bündnis mit dieser Finanzierung zu professionalisieren, zu stabilisieren und Öffentlichkeitsarbeit zu machen. Deswegen ist diese Geschäftsführung so angesiedelt, einfach um das Bündnis bekannter und öffentlichkeitswirksam wahrnehmbar zu machen, das ist das Ziel. Und dann gibt es die Ziele, die das andere Projekt verfolgt. Das ist Samofa. Die Kollegin ist viel länger dabei und kann auch von diesem Projekt Samofa erzählen, ich komme vielleicht mit einer Ergänzung dazu.

Septi Panca Sakti: Dankeschön Urban! Unser Fokus ist natürlich die Teilhabe von neu Zugewanderten, aber auch von denen, die schon lange in Deutschland oder im Integrationsprozess sind, das ist unser Fokus. Das heißt, Teilhabe in verschiedenen Bereichen, das ist der Bildungsbereich, Zugang zum Arbeitsmarkt, das ist auch ein großes Thema, aber auch zum Beispiel im Wohnungs- und Gesundheitsbereich. Wir sind aktiv in verschiedenen Bereichen. Seit Anfang 2015, als dann diese Welle, diese Fluchtwelle kam, dann haben wir diese verschiedenen Bereiche bearbeitet. Wir haben dann diese Prozesse begleitet, also diese Teilhabe-Prozesse von den neu zugewanderten Menschen, genau das ist dann unser Fokus. Empowerment ist auch noch so ein Thema, also Fokus auf Frauen. Teilhabe von Frauen mit Migrationshintergrund, das ist auch unser Fokus. In Fulda machen wir in der Mehrheit Sachen im Gesundheitsbereich, wir fragen uns: „Wie aktivieren wir diese Frauen mit Migrationshintergrund?“ Jetzt kommen auch Ideen von den Frauen, die dann Vereine gründen wollen, also im Bereich Sport, Bildung und Kultur. Dann freue ich mich sehr, dass sie später auch selbstständig werden können.

Urban N‘Dakon: Vielleicht können wir sagen, dass Samofa ein bundesweites Projekt ist, und es bedeutet Stärkung der Aktiven aus Migrantenorganisationen in der Flüchtlingsarbeit. Eine wichtige Sache für das Bündnis im Zusammenhang mit diesem Projekt ist Table for Equality, diese soll münden in den Aufbau einer Beratungsstelle Antirassismus. Das heißt, die Projektlaufzeit ist bis Juni 2022 und bis dahin sollte das Bündnis diese Stabilisierung erreicht haben, dass eine solche Anlaufstelle bzw. Beratungsstelle Antirassismus mit gleichzeitiger Vernetzung zu den Antidiskriminierungsnetzwerken, die es gibt, aufgebaut worden ist. Das ist auch ein wichtiges Ziel des Bündnisses.

Maren Ampt: Wir haben es jetzt eben für Samofa schon ein bisschen aufgezählt, aber vielleicht noch mal fürs Bündnis Mittendrin dazu: Welche Menschen kommen zu ihnen, also welche Merkmale haben die, die Hilfe suchen? Oder anders: Was ist ihre Zielgruppe?

Urban N‘Dakon: Also, es gibt zwei Ebenen. Wir haben die Verbandsebene. Das heißt, wir sind ein Zusammenschluss von zehn interkulturellen Vereinen und Migrantenorganisationen. Das heißt, dass wir da sind, um Organisationen aus dem Bereich Migranten, Migrantenorganisationen und interkulturelle Vereine zu stärken und zu stabilisieren, dafür zu sorgen, dass solche entstehen und die zusammenzuführen, die bereits da sind zu einem Bündnis. Andere Menschen, die zu uns kommen, sind natürlich die Menschen, die wir über die Projekte erreichen. Zum Beispiel über das Projekt Samofa, das sind die Ehrenamtlichen, mit denen wir zusammenarbeiten. Die, die eigentlich die Schnittstelle sind zwischen uns und den Menschen mit Fluchtgeschichte. Dann haben wir darüber hinaus persönliche und eigene Kontakte zu den Menschen, die von unseren Ehrenamtlichen begleitet werden. Da werden sie fragen: „Welche? Sind das alle Menschen?“ Es sind vor allem Menschen aus allen Nationalitäten unter den Migranten und auch Menschen mit Fluchtgeschichte aus den Herkunftsländern, die wir kennen: Afghanistan, Syrien, Somalia und inzwischen auch Guinea. Auch die, die sich auf dem Weg der Integration befinden oder auch aus der Türkei, aus Russland und so weiter, also alle möglichen Nationalitäten.

Septi Panca Sakti: Um das nochmal zu ergänzen: Es kommen dann zu Aktivitäten bei uns auch Deutsche, also Stadtangehörige. Das ist also ein ganz gutes Zusammentreffen, zum Beispiel beim Sport. Wir machen dann auch regelmäßig Gymnastik, in Zusammenarbeit mit einem Stadtteil zum Beispiel. Wir machen dann auch viele Aktivitäten für Frauen, Wandergruppen oder, zum Beispiel, auch Fahrrad fahren oder Schwimmen, also verschiedene Sportarten. Wir machen dann verschiedene Angebote und es kommen viele verschiedene Nationalitäten. Aus Indonesien zum Beispiel oder Asien und Afrika verschiedene Nationalitäten. Auch Deutsche kommen gerne zu unseren Veranstaltungen. Unsere Ehrenamtlichen bestehen auch nicht nur aus Menschen mit Migrationshintergrund, sondern auch aus Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, das ist ein guter Patz, um sich kennenzulernen und das ist eine gute Sache. Die Zielgruppen sind also vielfaltige Gruppen.

Maren Ampt: Was sind die häufigsten Probleme, mit denen sie konfrontiert werden?

Septi Panca Sakti:  Meinen sie externe oder interne Probleme?

Maren Ampt: Gibt es Probleme, die viele Menschen haben, also die immer wieder an Sie herangetragen werden.?

Septi Panca Sakti: Ja, also das ist, glaube ich, was ich viel mitbekomme, dieser Teil mit dem Arbeitsmarkt, zum Beispiel, oder beim Wohnen ist auch ein großer Teil der Schwierigkeiten gegeben, die wir immer haben. Bei unseren Gesprächen oder Treffen mit Geflüchteten kommt diese Rückmeldung, dass es da Probleme gibt. Die erzählen dann von vielen Themen, also Bildung zum Beispiel oder Arbeitsmarkt, Zugang zum Arbeitsmarkt ist dann auch ein großes Problem. Wohnen ist dann noch eine große Aufgabe, welche die meisten beschäftigt. Oder der Gesundheitsbereich ist auch Teil davon. Gesundheit von den Kindern zum Beispiel also bei Eltern, mit wenig deutschen Sprachkenntnissen, auch das ein bisschen problematisch, gerade im Moment zur Corona Zeit betrifft die das noch viel stärker. Also, dass das die Kinder oder die Eltern belastet, das ist ganz stark im Moment. Die haben einen Mangel an Sprachkenntnissen. Wir fragen uns: „Wie können wir dann die Eltern und die Kinder begleiten beim Homeschooling?“ Wenn die das selbst nicht besser können als die Kinder, dann ist das ein großes Problem, also eine große Lücke. Viele Rückmeldungen, von denen ich mitbekommen habe, zumindest direkt von Ehrenamtlichen, auch direkt von der Betroffenen selbst, die dann zum Beispiel keine guten technischen Ausstattungen, also keine gute Internetverbindung und keinen guten Laptop haben, sodass sie die Aufgaben nicht richtig machen oder verstehen können. Also, so bekommen sie mehr fachliche Schwierigkeiten, nicht nur Sprache, sondern dann auch andere technische Begrenzungen. Genau das ist nur eine Seite. Aber das ist noch mehr. Bei gemeinsamen Unterkünften zum Beispiel. Im Moment sind die stark belastet, weil die geschlossen sind. Die Betreuer können zu Beispiel nicht mehr die Kinder oder die Leute dort betreuen. Die sind natürlich ganz abgerissen von der ganzen Welt. Im Moment ist da „Not in Not“ und das bedarf auch Hilfe. Vielleicht möchte Urban ergänzen.

Urban N‘Dakon: Ja, es gibt auch das allgemeine Problem der Diskriminierung und des Rassismus am Arbeitsplatz oder in der Schule. Solche Themen, die wir auch so mitbekommen, wo wir die Verunsicherung der Menschen merken. Es sind aber keine Themen, die sofort angesprochen werden. Man muss erst die Menschen fragen: „Wie geht es euch, kommt ihr klar?“ Und so weiter. Im August haben wir eine Umfrage gemacht, und da kamen diese Sachen zum Vorschein. Jeder versucht, seine eigene Strategie zu fahren, aber der Bedarf ist da, dass die Menschen Selbstbewusstsein bekommen, dass man sie stärkt, innerlich mit solchen Situationen umzugehen. Das ist ein zentraler Punkt, den ich schon in der Zeit gesehen habe.

Septi Panca Sakti: Ja, vielleicht nochmal zu den Schwierigkeiten. Bei der Arbeit in Einrichtungen, ich arbeite dann Teil auch beim Selbsthilfebüro, und deswegen kenne ich dann diese Fälle. Ganz viele sind dann so „eingelockt“ und haben keinen Kontakt zu den „anderen Welten“, die haben auch keine Familie und so weiter. Natürlich sind die stark betroffen im Moment, die sind selbst traumatisiert und es gibt mehr Belastungen durch Corona oder Corona-Begrenzungen. Viele Rückmeldungen habe ich bekommen, das ist von Fällen von Aggression bis ihn zu richtiger Depression. Das ist richtig Not im Moment, nicht nur bei Menschen mit Migrationshintergrund. Auch die anderen Menschen, die viele Begrenzungen bekommen durch diese Corona-Zeit.

Urban N‘Dakon: Wir merken einfach, die Corona-Zeit verstärkt bestimmte Sachen, aber der Rassismus ist auch vor Corona in einzelnen Fällen da gewesen.

Maren Ampt: Wo enden Ihre Möglichkeiten? Und gibt es Kooperationspartner*innen, an die Sie weiter verweisen können? Oder gibt es einen Punkt, an dem Sie sagen, hier können wir jetzt leider nichts mehr für sie tun?

Urban N‘Dakon: Ja, dadurch, dass wir uns jetzt im Aufbau befinden. Wir haben die Stelle der Geschäftsführung erst seit Anfang 2020 besetzt. Der Aufbau der Beratungsstelle, da sollte ein erster Schritt sein in Richtung Bildung und sich selbst Wissen aneignen und dann auf die Finanzierung gehen, bzw. Finanzierung zu suchen. Im Moment ist es so, dass wir eine niederschwellige Anlaufstelle fahren wollen. Das heißt, dieses Jahr starten wir mit einer leichten Beratung, die dann mündet in den Verweis, zum Beispiel auch an Response von der Bildungsstätte Anne Frank, wo wir Kontakte haben, wo wir wissen, da gibt's auch Rechtsberatung und so weiter. Aber wir werden die psychosoziale Beratung machen, Erstberatungen, das schließt auch unsere eigenen Schulungen mit ein, dass wir das anbieten können. Das ist das, was wir jetzt dieses Jahr richtig vorhaben, also die Menschen anzusprechen, und zu sagen: „Drei Stunden hier, und wir sind dann in Kontakt mit anderen Stellen“. Also, bis die Stelle richtig finanziert worden ist. Wir wissen noch nicht, wie wir das schaffen, aber wir fangen zuerst mal niederschwellig an.

Septi Panca Sakti: Also, um das nochmal deutlich zu sagen, was oft das Problem ist bei diesen Fällen von Diskriminierung oder Rassismus, dass die Betroffenen selbst Angst haben, etwas zu erzählen, weil die dann auch, zum Beispiel am Arbeitsplatz, Angst haben, dass die den dann verlieren. Deswegen ist das mehr fachlich. Also da habe ich dann zum Beispiel von einer geflüchteten Frau erfahren, die arbeitet in einer Stelle und die wurde die ganze Zeit von den anderen Mitarbeitern gemobbt. Die hat durchgehalten, aber konnte nichts erzählen, also dem Chef oder den Freunden, das Vertrauen ist nicht da. Bis die dann richtig traumatisiert war. Sie hatte immer Angst davor, zur Arbeit zu gehen und das finde ich so traurig, so Geschichten. Die kann also leider keine Hilfe kriegen und niemanden erreichen. Die hat dann zuerst uns, also der vertraulichen Person was erzählen können, wenn sie dann dieses Vertrauen aufgebaut hat bzw. bekommt. Deswegen sage ich: „Sag doch oder erzähl doch etwas, damit die anderen Leute so etwas erkennen, wenn diese Geschichten rauskommen“. Das ist schwierig, weil die richtige Angst haben, dass sie irgendwie ihre Arbeit verlieren. Viele Betroffene melden sich dann leider nicht. Solche Fälle bekommen wir oder erfahren es selbst.

Maren Ampt: Das wäre jetzt auch die nächste Frage gewesen. Welche Auswirkungen haben Diskriminierung bei Betroffenen? Sie haben jetzt eben schon einen Aspekt genannt. Kennen sie auch noch weitere Auswirkungen?

Septi Panca Sakti: Das ist sehr stark. Also, es gibt viele Studien, glaube ich, die die Auswirkungen von Diskriminierung und auch Rassismus untersuchen. Da ist natürlich das psychische, davon sind Betroffenen selber stark betroffen. Also das kommt darauf an, auf die Resistenz von den Menschen selbst, wie gehen die damit um? Also einfach positiv denken also man denkt: „Das ist okay, das ist das tägliche Leben“. Aber es kommt darauf an: Wenn die Person schwach ist, vom psychischem her schwach, und dann fachlich zusätzliche Belastungen kommen oder Rassismus Fälle passieren, dann kommt da was anderes raus. Die Person kann dann z.B. unter Depressionen leiden, oder Angst zum Beispiel.

Dann gibt es auch noch viele, die in der nächsten Phase dann nicht schnell behandelt werden. Dann können sich dann auch starke bzw. richtige psychische Erkrankungen bilden. Ein Beispiel, ist eine Person, die eine Ausbildung gemacht hat, gemobbt wurde, also wegen Rassismus, und die musste dann das ganze Leben ändern. Das heißt, sie muss bis jetzt Medikamente nehmen und sie konnte ihren Beruf nicht weiter ausüben, wegen diesem Trauma. Ich finde, das ist sehr traurig, weil in solchen Fällen das ganze Leben kaputt geht. Deswegen wollte ich dann, dass so etwas nicht noch mehr passiert und ich wollte dann schnell reagieren. Wenn man diese Fälle bekommt, muss man sie schnell bearbeiten. Die Resilienz ist dann besser, wenn die Leute dann so mindesten eine Ausbildung bekommen, also wenn ich dann so in der Starke psychische Belastung bekomme, zu wissen was ich tun kann und was wichtig ist. Diese Kenntnisse, diese Resilienz, also Methode kennen, damit die dann auch selber was tun können, mindestens präventive Maßnahmen, finde ich, das muss den Leuten noch beibringen.

Urban N‘Dakon: Ja, es gibt natürlich auch unterschiedliche Auswirkungen. Also, wenn es Kinder sind, wird das anders. Das kann sich auswirken auf Schulleistung oder durch Leistungsverweigerung und Angst und Rückzugstendenzen. Es ist auch ein gängiges Phänomen, dass die Menschen sich dann irgendwie zurückziehen.

Maren Ampt: Wäre ein Antidiskriminierungsnetzwerk, also das AdinetMittelhessen, eine Ergänzung für ihre Arbeit, oder inwiefern könnten wir Sie unterstützen, oder was würden Sie sich wünschen?

Urban N‘Dakon: Also, wenn ich nicht wüsste, was sie können, was sie nicht können, und ich die Antwort geben sollte: „Was wünschen sie sich?“ Dann würde ich sagen, dass es uns helfen kann, eine solche Stelle hier vor Ort zu installieren, damit man nicht erst von Kassel hierher kommen muss nach Osthessen, um eine Beratungssitzung abzuhalten. Es geht um den Aufbau eines Netzwerkes und einer Beratungsstelle hier vor Ort. Ich weiß nicht, wie Sie einen Anteil daran nehmen könnten, aber es ist unbedingt erforderlich, und es steht auch in unserem Namen, im Projektkonzept drin, dass die Finanzierung, die wir haben, darauf hin ausgerichtet ist, dass wir eine solche Stelle bekommen, die dann die Nachhaltigkeit des Bündnisses eigentlich sichert.

Septi Panca Sakti:  Ich glaube Urban hat das schon gesagt. Aber ein Teil ist in Richtung Begleitung, von den Beratungen zum Beispiel, oder von Workshops zum Beispiel, das würde ich mir wünschen, dass wir dann auch kooperieren in diesem Bereich, dass wir dann zum Beispiel niederschwellig diese Workshops anbieten können. Also, zum Beispiel, Methoden für Resilienz, das wäre unser Wunsch, damit wir dann diese Begleitung bekommen in Richtung Workshops.

Marketa Roska: Und auch AGG, dass die Leute wissen, wie ihre Lage rechtlich einzuschätzen sein könnte. Das können wir auch bieten. Beratungsschulungen können wir natürlich vermitteln, auch versuchen zu verknüpfen.

Maren Ampt: Und natürlich ist Öffentlichkeitsarbeit und die Sichtbarmachung und Bekanntmachung von Projekten wie dem Bündnis Mittendrin in Fulda ein Hauptteil unserer Arbeit. Damit kommen wir jetzt auch schon zu unserer letzten Frage, und die lautet: Gibt es etwas, was sie den Zuhörerinnen und Zuhörern noch sagen möchten, was bis jetzt im Gespräch noch nicht zum Ausdruck kam?

Urban N‘Dakon: Ich verbinde das mit meinem persönlichen Engagement in dieser Arbeit. Ich hatte lange Zeit nicht wahrgenommen, dass es schon einige Ansätze gibt, wo der Staat versucht, hier zu helfen, dass solche Vereine vielleicht Finanzierungen bekommen, um solche Projekte zu machen und ich habe das erst vor kurzem, sozusagen, in meinem Leben festgestellt. Dann habe ich gesagt: „Das ist eine gute, positive Entwicklung, da möchte ich mitmachen, weil ich davon überzeugt bin.“ Also in der ganzen Migration gibt es ein Potenzial. Das Potenzial, dass man bis jetzt abschöpft von der Migration, ist kleiner als das, was man eigentlich bekommen kann durch die Migration. Das heißt, dass Migranten und Flüchtlinge und so weiter, Menschen, die von woanders herkommen, sie brauchen die Möglichkeit, etwas zurückzugeben, und nicht nur an andere Migranten, sondern einfach an die Mehrheitsgesellschaft. Und da meine ich, dass die Kraft dieser Menschen immens ist manchmal. Das heißt, die Gesellschaft könnte mehr davon profitieren, weil zu bestimmten Sachen dadurch, dass wir anders denken, uns manchmal Lösungen einfallen, die dem normalen Deutschen nicht einfallen und dann merken wir: „Durch eine solche Kleinigkeit habe ich da geholfen.“ Diese Kraft der Migration als gebende Kraft. Ich wünsche mir, dass sie besser erkannt und genutzt wird, dass man sich traut zu sehen: „Da ist Kraft drin.“ Wir sind nicht die, die Großen und Starken, und die anderen sind die Schwachen, sondern sie kommen auch mit Stärken, die uns ergänzen können. Wenn wir hier sind, mit offenen Augen, wir sehen die Probleme überall. Aber wenn man das Gefühl hat, ja, man erwartet nicht von diesen Menschen nichts, dann ist es eine frustrierende Erfahrung. Mein persönliches Engagement ist, dafür zu sorgen, dass die Menschen selbst das begreifen und sich organisieren, um das zu demonstrieren, damit es auch wahrgenommen und akzeptiert wird, was wir mitbringen als Migranten-Communities.


Maren Ampt: Ja, damit haben sie es zum Ende noch mal schön auf den Punkt gebracht. Damit sind wir dann jetzt auch am Ende unseres Interviews. Ich danke Ihnen ganz recht herzlich für das spannende Gespräch und die vielen Informationen und den Einblick in ihre Arbeit. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Vielen Dank!


Septi Panca Sakti: Gerne.

Urban N’Dakon: Gerne.